Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Mitarbeiter*innen der Stadtverwaltung,
liebes Gremium,
liebe Zuhörer*innen,
sehr geehrte Vertreter*innen der Presse,
in diesem Jahr habe ich bereits zum zweiten Mal die Ehre, die Haushaltsrede für unsere Fraktion – die GAL – zu übernehmen.
Beginnen möchte ich mit einem Zitat von John F. Kennedy:
„Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen – das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit.“
Ja, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben eine Krise. Eine Krise, die uns nun schon rund eineinhalb Jahre begleitet. Jede einzelne und jeder einzelne von uns hat durch Corona seine ganz individuellen Schwierigkeiten zu bewältigen und muss versuchen, möglichst gut damit zurechtzukommen.
Die Auswirkungen der Krise haben natürlich auch nicht vor unserer Stadt haltgemacht und – zumindest unseren Haushalt – in Gefahr gebracht. Durch die Stilllegung ganzer wirtschaftlicher Bereiche sind etliche Einnahmen in Markgröningen entfallen.
Aber wir haben in dieser Zeit auch gelernt, neue Wege zu gehen und in kreativen Lösungen zu denken. Dank der schnellen Reaktion der Verwaltung konnten rechtzeitig die entsprechenden Anträge beim Land für einen finanziellen Ausgleich gestellt werden. Somit hat die Stadt Markgröningen auch im vergangenen Jahr keine neuen Schulden aufnehmen müssen. Das freut uns sehr.
Für 2022 stehen einige wichtige und große Aufgaben für unsere Stadt an.
Schon vor vielen Jahren wurde ein umfangreiches Konsolidierungspaket auf den Weg gebracht, das die freiwilligen Leistungen der Stadt auf den Prüfstand stellt. Seitdem – und natürlich ganz besonders in der Coronakrise – ist die Haushaltskonsolidierung eine Daueraufgabe.
Die im letzten Jahr gebildete Haushaltsstrukturkommission stellt die einzelnen Haushaltsposten auf den Prüfstand, um Einsparpotenziale festzustellen. Wir konnten hierdurch bereits positive Ergebnisse erreichen, die sich aktuell und auch im künftigen Haushalt niederschlagen werden.
Dennoch wird es zunehmend schwieriger für die Gemeinde, die anfallenden Aufgaben zu erfüllen. Als eine unserer immens wichtigen und unverzichtbaren Pflichtaufgaben gilt es in jedem Fall, den neuen und erweiterten Kindergarten in Unterriexingen fertigzustellen. Wir haben darüber hinaus weitere Projekte vor: Die Neugestaltung des Kirchplatzes, die Asylanschlussunterbringung und eine Interimskita bei der Ludwig-Heyd-Schule. Für uns alle wichtig ist zudem, dass der Fernwärmeausbau vorangetrieben wird. Auch die Sanierung der Sporthalle I ist eine Notwendigkeit, die wir allen unseren Sporttreibenden schuldig sind.
Um all diese und weitere Projekte in den nächsten Jahren zu stemmen, müssen wir möglicherweise über eine Neuverschuldung nachdenken.
Verkehrskonzept
Aus Klimaschutzgründen, aber auch ganz konkret zur Steigerung der Lebensqualität in unserer Stadt wollen und brauchen wir eine Veränderung der heutigen Verkehrssituation.
Wir fordern Maßnahmen, die kurzfristig zur Eindämmung des Verkehrslärms vor Ort beitragen: Die Einführung von Tempo 40 im kompletten Stadtgebiet ist hierfür unumgänglich. Dieses Vorhaben wird nun hoffentlich zügig im Rahmen der Fortschreibung des Lärmaktionsplanes im ersten Halbjahr 2022 umgesetzt. Die erforderlichen Mittel sind bereits in den Haushalt eingestellt und es gibt aus unserer Sicht keinen Grund mehr für einen Aufschub.
Desgleichen gilt es – wie schon im Green City Masterplan beschrieben – die Verkehrswege für Fußgänger und Radfahrer auszubauen.
Wir begrüßen es sehr, dass mittlerweile das Radkonzept mit wichtigen Brennpunkten verabschiedet wurde. Schon im Februar beantragten wir in diesem Zusammenhang eine sichere Fahrradverbindung von Unterriexingen nach Markgröningen.
Die hierfür notwendigen Gelder wurden bewilligt und zusätzlich stehen Fördermittel des Landes zur Verfügung, die abgerufen werden können. Dennoch ist bis heute nichts von den Planungen umgesetzt. Sicherlich gibt es hierfür Gründe, wir fordern allerdings, diese immer transparent gegenüber der Bürgerschaft darzustellen.
Zusätzlich müssen die Verkehrsachsen betrachtet werden. Ein Schritt in diese Richtung ist die Gestaltung der Kreuzungssituation Grabenstraße-Ostergasse-Bahnhofstraße. Hier wünschen wir uns eine Verbesserung der aktuellen Situation, damit Fußgänger und Radfahrer sicher und gefahrlos queren können. In 2022 erwarten wir tatsächlich Ergebnisse, denn wir haben den entsprechenden Antrag vor einem knappen Jahr gestellt.
Wir freuen uns jedoch auch über kleine Erfolge: Für die Überquerung der Asperger Straße auf der Höhe Dornierstraße haben wir ein neues Fahrradschild erhalten. Wir hätten uns an dieser Stelle zwar eine weitergehende Anpassung gewünscht, doch ist dies unter den gegebenen Umständen die sinnvollste Lösung. Zudem wurden am HGG die Bordsteine abgesenkt, um den pendelnden Schüler*innen einen leichteren Zugang auf das Schulgelände zu verschaffen.
Wir werden an weiteren Verbesserungen arbeiten.
An dieser Stelle ein Dank an alle Markgröninger*Innen, welche sich in neuer Rekordzahl im Sommer 2021 am Stadtradeln beteiligt haben. Wir freuen uns schon auf Ihre Beteiligung am Stadtradeln im nächsten Jahr!
Mit der Gründung des Zweckverbandes im letzten Jahr sind wir der Reaktivierung der Bahnstrecke nach Ludwigsburg nähergekommen.
Für die Stadtentwicklung Markgröningens ist es sehr wichtig, dass der Zweckverband baldmöglich eine Entscheidung über den Verlauf des Schwieberdinger Astes trifft, da hiervon die künftige Flächennutzungsplanung – unter anderem auch für das Gebiet der Ziegelei – abhängig ist.
Wir setzen uns sehr für eine Trassenführung über die Bahnhofstraße ein, da somit gewährleistet ist, dass wirklich viele Fahrgäste im wahrsten Sinne des Wortes von der Bahn in Markgröningens Mitte „abgeholt“ werden können.
Die zeitliche Planung des Projekts ist aus Sicht der GAL stand heute vollkommen inakzeptabel. Der Start des Vorlaufbetriebs ab dem Jahre 2028 ist viel zu spät angesetzt! Wir setzen uns intensiv für eine schnellere Reaktivierung ein und führen dazu Gespräche auf allen politischen Ebenen.
Familienfreundliche Stadt
Wir wollen Familien in Markgröningen entgegenkommen, sie fördern. Hierzu benötigen wir die notwendige Infrastruktur in Form von Kindergärten, Schulen sowie Freizeit – und Betreuungseinrichtungen, das ist vollkommen klar.
Ebenso klar ist, dass dies finanziell eine Mammutaufgabe für die Stadt darstellt, die oftmals Kompromisse erfordert.
Aus diesem Grund ist es uns sehr wichtig, genau abzuwägen, an welchen Stellen neue Kitas in Markgröningen sinnvoll und in verträglichem Kostenumfang geplant und errichtet werden können. Gleichzeitig müssen wir auch sicherstellen, dass wir verlässliche Betreuungsangebote für Kinder anbieten können. Die Personalsituation im Kita-Bereich ist äußerst angespannt und wir müssen beginnen über – kreative? – Möglichkeiten nachzudenken, hier Personal zu gewinnen und in Markgröningen zu halten.
Die Sporthalle 1 muss dringend saniert werden, um den Schulsport und die zahlreichen Angebote der Sportvereine aufrecht erhalten zu können. Sport ist ein überaus wichtiges Gut und wir geben damit allen die Möglichkeit, sich sportlich zu betätigen oder aktiv zu werden. Die GAL unterstützt das Vorhaben deshalb trotz höherer Kosten für die Stadt vollumfänglich. Wir hoffen zudem, dass die in 2022 zunächst einmalig deutlich erhöhten Beiträge zur Jugendförderung unseren Vereinen helfen, im kommenden Jahr wieder mehr Mitglieder zu gewinnen.
Innerstädtisches Baukonzept
Die GAL unterstützt die bedarfsgerechte Schaffung von Wohnraum, allerdings muss genau überlegt werden, in welchen Quartieren Wohnraum entstehen und wo die Entwicklung von Gewerbeflächen stattfinden soll. Gleichzeitig ist es wichtig, umsichtig und zukunftsfähig zu planen. Bauvorhaben müssen verantwortungsvoll umgesetzt werden. So stimmte die GAL – leider erfolglos – gegen die geplante intensive Bebauung im Bereich Grabenstraße/Benzberg. Wir haben größte Bedenken – einerseits aufgrund der übermäßigen Verdichtung durch zu viele Wohneinheiten – andererseits im Hinblick auf die Verträglichkeit mit bestehendem Gewerbe und der nahe gelegenen Stadthalle. Nun ist die Verwaltung gefordert, mit dem Bauträger in Verhandlung zu treten, damit schnellstmöglich Klarheit darüber herrscht, wann mit dem im Gebiet geplanten Kita-Bau begonnen werden kann.
Nach wie vor geben wir der Verdichtung und Umnutzung bestehender Flächen den Vorrang vor dem Erschließen neuer Gebiete. So könnten wir uns sehr gut eine Öffnung des Quartiers „An der Bracke“ in Richtung Wohnen vorstellen. Gewerbeansiedlungen sehen wir im Gebiet der Ziegelei, wo bereits heute eine sehr gute verkehrliche Anbindung vorhanden ist.
Es ist im Interesse aller, das Erscheinungsbild der Markgröninger Innenstadt aufzuwerten. Die Aufnahme des Gebietes in das Sanierungsgebiet V ermöglicht das Abrufen von Fördermitteln und stellt damit einen Anreiz für die Grundstückseigentümer*Innen dar, die teilweise vorhandenen Missstände im Rahmen einer Modernisierung oder Sanierung auszuräumen. Es ist überaus erfreulich, dass dieses Angebot so rege genutzt wird.
Das denkmalgeschützte Schießhäusle soll in ein „Haus der Vereine“ umgewandelt werden. Um für dieses Vorhaben ebenfalls Fördermittel des Landes abrufen zu können, wurde das Sanierungsgebiet um das Schießhäusle erweitert. Die Arbeit der Vereine ist ein unverzichtbarer Bestandteil und eine Bereicherung des Lebens in einer aktiven Kommune in unterschiedlichsten Bereichen: Kultur, Kirche, Sport, Politik … um nur einige zu nennen.
Schon jetzt freuen wir uns auf ein künftig mit Leben gefülltes Schießhäusle.
Kultur und Schäferlauf
Eng mit der Stadt verbunden sind unsere Traditionen – insbesondere unser Schäferlauf, der in diesem Jahr verantwortungsbewusst zum zweiten Mal in Folge abgesagt werden musste! Unglaublich und sehr schade! Ein Dank allen, die hierfür gezwungenermaßen viel Verständnis aufbringen mussten.
Um so wichtiger ist es, dass wir für das kommende Jahr ein tragfähiges Konzept entwickeln, das die Veranstaltung unseres Schäferlaufs auch in der Zukunft sichert. Der Schäferlauf muss unbedingt wieder stattfinden. Als UNESCO Weltkulturerbe ist dies unsere kulturelle Verpflichtung.
Hierzu hat der Arbeitskreis Schäferlauf viele sinnvolle Überlegungen angestellt, die schon im kommenden Jahr umgesetzt werden können.
Dem Ortsnamen „Markgröningen“ auf den Ortschildern wird der Zusatz „Schäferlaufstadt“ vorangestellt. Eine solche Zusatzbezeichnung stellt eine Aufwertung der touristischen Möglichkeiten unserer Stadt dar.
Gleichzeitig birgt die Änderung auch eine Aufgabe für uns alle – nämlich den Schäferlauf 365 Tage lang im Jahr erlebbar zu machen. Dies werden wir nach Kräften unterstützen.
Umwelt- und Naturschutz
Die Stadt Markgröningen bezieht Strom zu günstigen Preisen, die der Gemeindetag in einer Bündelausschreibung vergibt. Die GAL unterstützt den Bezug von Ökostrom – schön, dass hier alle Beteiligten mittlerweile umgedacht haben.
Die Umsetzung aus der Biotopverbundvernetzung steht an. Dies ist ein elementar wichtiger Bestandteil für einen langfristigen Schutz unserer Natur und Umwelt. Man möge hier nur an den Leudelsbach oder das Glemstal denken. In Kooperation mit den Landwirten erwarten wir schon in 2022 dazu die ersten Ergebnisse. Markgröningen hat eine sehr große Gemarkung mit einem vielfältigen Mosaik aus schützenswerten Flächen. Diese gilt es, für uns und unsere Nachkommen zu erhalten.
Im kommenden Jahr werden neue Herausforderungen auf uns zukommen … wir sind froh über den unverändert hohen Einsatz der vielen ehrenamtlich engagierten Bürger*Innen unserer Stadt, sie unterstützen uns in den unterschiedlichsten Bereichen, sei es durch ihre Mitarbeit in den zahlreichen Vereinen, der Feuerwehr, den Kirchen oder beim Roten Kreuz. Herzlichen Dank hierfür! Dankeschön an alle Gewerbetreibenden hier vor Ort. Sie sind wichtig für uns alle. Erst durch Sie kommt „Leben“ in unsere Stadt.
Ein Dank gilt auch allen Mitarbeiter*Innen der Stadtverwaltung, die stets ein offenes Ohr für unsere Fragen und Ideen haben (mussten). Nicht zuletzt möchte ich mich im Namen der GAL ganz herzlich bei Ihnen, Herr Kürner, für die Zusammenarbeit bedanken. Es ist Ihnen fast immer gelungen, konstruktiv mit der Kritik aus unserem Gremium umzugehen, obwohl dies sicherlich nicht immer leicht war und ist.
Abschließend möchte ich mich bei allen Ratskolleg*innen bedanken. Es ist – trotz coronabedingt erschwerter Organisation – immer wieder gelungen, uns auch interfraktionell konstruktiv auszutauschen.
Wir als GAL Fraktion setzen uns weiter mit großem Engagement für unsere Stadt ein und sind schon neugierig darauf, wie die Weichen im nächsten Jahr gestellt werden und – um auf mein eingangs genanntes Zitat zurückzukommen – welche Gelegenheiten sich für unsere Stadt im kommenden Jahr bieten.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Katja Drobac-Liebmann – Fraktionsvorsitz GAL